Schlafen kann ich, wenn ich tot bin.

Bild: mit offenen Augen schlafender Elefant, der denkt er sei Rotkäppchen, mit Nasenwärmer

Der große Traum vieler Eltern lautet: Endlich mal wieder ausschlafen!
Wer, wie wir, keine Großeltern oder andere Freiwillige vor Ort hat, die ALLE (beide) Kinder gleichzeitig hin und wieder über Nacht nehmen, weiß, wovon ich spreche. Bevor das jüngste Kind nicht ca. 6-7 Jahre alt ist und sich am frühen Morgen entweder selbst ein Butterbrot schmieren, den Süßigkeitenschrank plündern oder den Fernseher einschalten kann, wird das nix mit dem Ausschlafen.
Und selbst das Vorhandensein dieser Fähigkeiten zur morgendlichen Selbstversorgung ist keine Garantie für entspannte Vormittage im Bett, denn wir machen gerade mit dem inzwischen 8-jährigen Kind, das alle genannten Kriterien erfüllt, die Erfahrung, dass es unter der Woche, wenn Schule ist, zwar ganz gerne ausschläft, am Wochenende hingegen bevorzugt schon um 7 Uhr den Jungen ärgert – oder, was noch häufiger vorkommt, sich ärgern lässt.

Nun könnte man sagen: Geht doch einfach früher ins Bett, liebe Eltern, dann seid Ihr auch um 6 Uhr morgens ausgeschlafen. Ja, gute Idee, theoretisch. In der Tat fühle ich mich abends, nach einem Vollzeit-Arbeitstag, nach der Tour zur Kita, dem Stau am Pragsattel und der obligatorischen Runde Legospielen nicht selten so müde, dass ich gleich mit dem Jungen einschlafen könnte, wenn ich mich mit ihm hinlege. Aber es gibt doch in Wirklichkeit nichts Schöneres, als noch ein Gläschen Wein zu trinken, gemeinsam mit dem Mann die 3. Staffel „The Walking Dead“ zu schauen und dabei Spider Solitaire oder Pflanzen gegen Zombies (wie passend) auf dem iPad zu spielen. Vermutlich könnte ich auch noch viel sinnvollere Dinge tun, anstatt mich zu amüsieren: die Welt retten, Unterhosen bügeln oder aufräumen, aber ich pflege den Hedonismus, vergnüge mich lieber. Das zwangsläufige Resultat ist, dass ich dann häufig erst nach 12 Uhr im Bett bin, auch wenn ich morgens früh raus muss.

Ich habe ausgerechnet, dass ich, wenn ich jeden Tag 2 Stunden Schlaf einspare, ca. 1.333 Tage an „erlebter“ Lebenszeit hinzu gewinne (davon ausgehend, dass ich ca. 85 Jahr alt werde), das sind 31.992 Stunden oder gut 3,5 Jahre! Die interessante Frage ist an dieser Stelle natürlich, inwiefern zu wenig Schlaf mir langfristig das Leben verkürzt und mir somit die schöne Rechnung möglicherweise wieder verhagelt…

Aber vielleicht dreht sich die Rechnung auch wieder und vielleicht kommt sie ja auch schneller als gedacht, die Zeit, in der die Kinder freiwillig länger schlafen als wir, in der das Leben generell wieder etwas weniger anstrengend wird, sich die Freiheitsgrade erhöhen und wir nicht mehr das Gefühl haben, uns entgeht wertvolle Quality-Time mit uns selbst, wenn wir in der Nacht das tun, was wir eigentlich tun sollten: Schlafen.

(…und vielleicht schrecken wir dann morgens um 7 Uhr noch vor dem Wecker hoch, stehen senkrecht im Bett, weil wir uns immer noch nicht daran gewöhnt haben, dass die Kinder schon seit 5 Jahren nicht mehr zu Hause wohnen und unsere Nachtruhe stören… – nur Spaß! 😉 )

PS: Dieser Eintrag ist gestern Nacht entstanden. Heute Morgen bin ich völlig gerädert aufgewacht und habe mich gefragt, was ich da eigentlich für einen Riesenmist geschrieben habe. Noch 2 Stunden schlafen, das wäre der Himmel auf Erden gewesen – heute Morgen! Jetzt – heute Abend – sieht das Ganze natürlich schon wieder anders aus, ich will noch nicht ins Bett! Alles eine Frage der Perspektive…

„Mama, hinsetzen! Spielen!“

Nach 20 Minuten Wühlen in der Legokiste, ist der Lack – vor 12 Stunden erst aufgetragen – fast ab. Sagt das jetzt was über die Qualität meines Nagellacks oder über mein Engagement beim Kinderbespaßen aus? Vermutlich über beides.

Der Junge ist gerade sehr fordernd, er ist jetzt fast 3 Jahre alt und sein Lieblingsspruch lautet: „Mama auch spielen! Hinsetzen!“ und das in einem Ton, der keine Widerrede zulässt. So setzt sich also die Mama derzeit vornehmlich neben die Legokisten und wühlt missmutig darin herum.
Warum muss immer ich das machen? Der Mann drückt sich erfolgreich um die eigentlich rein gendermäßig ihm zugeordnete Aufgabe herum, indem er furchtbar dringend noch eine 60 Grad Wäsche aufsetzen muss oder die Spülmaschine einräumt oder ausräumt oder sonst etwas für das Gemeinwohl tut. Ich bin ja wirklich froh, dass ich einen so engagierten Mann im Haushalt habe, aber in diesen Momenten, würde ich liebend gerne selbst den Putzfeudel schwingen und ihm das Spielfeld überlassen. Ich gebe es also hiermit zu: Ich spiele nicht gerne Lego mit meinem Sohn, ich bin eine Rabenmutter.

Das eigentlich Schlimme an der Sache ist, dass der Junge immer will, dass ich alles alleine mache, er gibt höchstens ein paar Befehle zur Umsetzung des jeweiligen Bauprojekts. Und wenn es mir dann irgendwann anfängt, doch ein bisschen Spaß zu machen, weil der Nagellack jetzt eh schon egal ist und ich endlich den letzten schwarzen 2er-Stein gefunden habe, den ich zur Fertigstellung der Ampel brauche, dann folgt in der Regel der Befehl, ich möge jetzt endlich den Anhänger für das Feuerwehrmotorrad bauen, statt mich mit der Ampel aufzuhalten. Der Junge konsumiert mein Legospiel, als würde er im Kino sitzen und hätte dafür bezahlt…

Manchmal aber erwische ich uns dabei, wie wir beide ganz entspannt und versonnen auf dem Boden sitzen, der Junge wurschtelt vor sich hin und ich schiebe eigentlich nur die Legosteine in der Kiste von links nach rechts. Das ist zwar laut, aber irgendwie hat dieses Geräusch auch etwas Beruhigendes und Meditatives. Ich schaufel minutenlang die Steine immer wieder hin und her, rühre gemächlich alles durch, finde ein paar verirrte Playmobilteile, die ich aussortiere, werde sentimental und glaube dann fast, dass es dem Jungen eigentlich ganz egal ist, was ich baue. Er möchte einfach nur, dass ich bei ihm sitze und er merkt, dass ich da bin.