Erziehungstotalversagen – Fillyland ist abgebrannt….

Und mit den Fillys kam das Versagen… Die folgende Geschichte ereignete sich bereits vor ca. 2 Wochen, aber ich kann jetzt erst darüber sprechen!

Kennt Ihr Fillys? Das sind diese fiesen, kleinen, in Staniolpapier eingeschweißten Einhornfigürchen, die unsere Töchter zu willenlosen Junkies werden lassen. Fillys sind die Panini-Fußballsammelbildchen der heutigen weiblichen sehr jungen Generation. Die Währung der 5-8-jährigen. Später werden sie sich um gefälschte D&G-Sonnenbrillen und Louis Vouitton Handtaschen reißen, aber jetzt drücken sie ihren ganzen Status damit aus, wie viele Fillys sie haben und wie viel Zubehör! So sieht’s aus!

Ich habe es bisher standhaft geschafft mich zu weigern, dem Kind irgendetwas von Filly zu kaufen. Trotzdem ist ihre Sammlung auf mittlerweile über 40 Exemplare angewachsen. Es gibt immer gute Freunde der Familie (manchmal wird sogar der Mann schwach!), die sich dazu hinreißen lassen, ein paar Euro hier, ein paar Euro da für diese Tierchen auszugeben.

Seit das Kind mehr Fillys hat, als sie an einer Hand abzählen kann, hat sie den großen Wunsch nach einem Filly-Schloss. Dieses ist vergleichbar mit einer Barbie-Villa – genauso pink und mädchenmäßig – kostet 49,- Euro und ermöglicht es, bis zu vermutlich 100 Fillys zu beherbergen. Auf Balkonen, in Turmzimmern, auf Balustraden, Himmelbetten, Karussells, Schaukeln, Swimmingpools whatever… Ich habe gleich gesagt „Von mir nicht!“ Der Mann hat gesagt „Vielleicht.“ Toll, so sieht bei uns also die gemeinschaftliche Erziehung aus! Meine Idee war ja, dass die Schwiegeroma ihr diesen Traum zur Einschulung verwirklichen könnte – sie schenkt sonst immer noch schlimmere Dinge – aber diese Idee wurde verworfen. Ich denke immer noch, dass dies die eleganteste Lösung zur Abwehr der nun folgenden Ereignisse gewesen wäre.

Das Thema Filly-Schloss war also auch noch nach der Einschulung akut. Und jetzt begann unser erzieherischer Kardinal-Fehler. Wir begannen, das Objekt der Begierde zu instrumentalisieren. Zuerst hatte ich die grandiose Idee, doch über meinen Schatten zu springen, wenn das Kind es schaffen sollte, bis zu seinem Geburtstag keinen Daumen mehr zu lutschen. „Das ist Erpressung!“ musste ich mir ständig vorhalten lassen. (Im Moment ist übrigens alles „Erpressung“, auch wenn wir sagen „Wenn Du Dich jetzt nicht langsam bettfertig machst, dann kannst Du keine CD mehr hören“). Es war absehbar, dass das mit dem Daumen nicht so schnell klappt, das Filly-Schloss rückte in weiter Ferne, aber da gab es ja noch den Papa, der „Vielleicht.“ gesagt hatte. Der Mann hatte sich jedoch inzwischen ebenfalls dazu entschieden, das Filly-Schloss als Druckmittel einzusetzen. Mindestens 10-Mal hörte ich ihn sagen „Wenn ….., dann kannst Du das Filly-Schloss vergessen.“ So etwas macht man natürlich nicht. Klar. Aber das Kind ist im Moment wirklich sehr challenging und strong willed (schade, dass es hierfür im Deutschen nur das blöde Wort „schwierig“ gibt), da verlässt man als Eltern schon mal ein wenig die erzieherische Ideallinie.

Irgendwann war es dann so weit. Es blieb nicht bei der leeren Drohung, sondern der Mann wollte ernst machen und kündigte an, dass es das Schloss definitiv nicht gibt. Das Kind war außer sich, hat geheult und geschrien und sich sehr unfair behandelt gefühlt. Der Mann lenkte wieder ein wenig ein und schließlich stritten wir Eltern uns über die Situation, das Filly-Schoss, unsere Erziehung – und das Kind war untröstlich. Und das Schlimme war: Der Geburtstag war noch 3 Wochen hin. Die Perspektive: Drei weitere Wochen mit Gejammer, Gebettel, Geheule bis zu einem Geburtstag, bei dem entweder das kindliche Unglück kulminieren sollte – weil es das Filly-Schloss nicht gibt – oder an dem wir Eltern unsere Glaubwürdigkeit verlieren würden – weil es das Filly-Schloss gibt. Beide Aussichten waren zu viel für mich. Ich traf eine Entscheidung. Genau jetzt, an einem Samstagvormittag, drei Wochen vor dem Geburtstag des Kindes, würde ich losgehen und dieses vermaledeite Filly-Schloss kaufen. Und zwar „nicht von Herzen“, so sagte ich es Kind und Mann, sondern nur, damit endlich Ruhe ist. Türen knallend verließ ich die Wohnung und machte mich auf den Weg zum Müller Dogeriemarkt, wo es wenigstens derzeit 20% Rabatt auf alle Spielwaren gab.

Ich wusste, das ist nicht die richtige Lösung, aber die einzig erträgliche! Vor dem Regal mit den Filly-Sachen erwartete mich bereits eine süße 7-Jährige, die mich bei meiner Kaufentscheidung beobachtete. Als ich zum Fillyschloss (und nicht zum doppelt so teuren Filly-Baumhaus) griff, sagte sie zu mir: „Das ist sooooo toll!“ Ich dachte mir bereits, dass dieses ganze Zeug nicht allein meiner Tochter zu Liebe in den Regalen stand. Ich wand mich dem Mädchen zu und sagte ihr: „Weißt Du was? Ja, das ist sooo toll! Das findet meine Tochter auch. Aber zu Hause streiten wir uns die ganze Zeit wegen diesem Schloss und deshalb kaufe ich es ihr jetzt, damit wir nicht mehr streiten. Und das, obwohl meine Tochter bald Geburtstag hat. Ist das nicht verrückt?“ Das Mädchen schaute mich mit großen Augen an. Ich hoffe nicht, dass sie wirklich nachvollziehen konnte, was ich ihr da soeben erklärt hatte, sonst haben ihre Eltern jetzt gerade wahrscheinlich nicht so viel Freude mit ihr…

Ich brachte die Trophäe nach Hause, die paar Meter um den Block hatten mir gut getan, mir ging es schon wieder viel besser. Das Kind war aufgeregter als an Geburtstag und Weihnachten zusammen und erwartete mich ungeduldig. Ihr war der tiefere Sinn dieser Aktion offenbar egal, Hauptsache Filly-Schloss. Ich erklärte ihr, dass sie dafür aber weniger zum Geburtstag bekommt und dass ich NIE NIE wieder über mögliche Geschenke diskutieren werde. Sie kann gerne kilometerlange Wunschlisten schreiben und auch deutlich mitteilen, was sie sich am allermeisten wünscht. Was sie dann letztendlich bekommt, sieht sie dann an ihrem Geburtstag!

Beim Aufbau des Tempels war dann der Mann übrigens auch wieder ganz engagiert dabei. „Macht voll Spaß!“ waren seine abschließenden versöhnlichen Worte zu unserem erzieherischen Totalausfall.

Autor: Wortdealer

Mein Blog.

Ein Gedanke zu „Erziehungstotalversagen – Fillyland ist abgebrannt….“

  1. HA! Ich Heldin in Erziehungsfragen bin erfolgreich um das Barbie Traumschloss herum gekommen und auch eine Schusswaffe für den ärmsten aller Söhne habe ich erfolgreich verweigert.

    Nun sind sie Teenager, der ärmste aller Söhne und sein lausiger Vater ballern mit Softairwaffen im Keller herum und die Töchter des Hauses besitzen mehr Nagellacke, als deine Plastikpferdchen.

    Das ist wie mit der Trotzphase: wenn du diese nervigen Phasen nicht zum rechten Zeipunkt durchmachst und sie sich nach hinten verschieben, werden sie nur noch schlimmer. Aber sie kommen, wie das Amen in der Kirche.

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