Der Junge und die Beikost.

Der Junge ist nun genau 5 Monate alt und bekommt seit er 4 Monate alt ist Beikost. Ich schreibe bewusst „er bekommt“ und nicht „er isst“, doch dazu später mehr.

Seit einem Monat bieten wir ihm nun also Brei an. Seine Schwester durfte damals noch 6 Monate lang ausschließlich an der Brust trinken, aber die neusten Empfehlungen besagen, dass man nun doch schon früher mit Brei beginnen soll. Die Vermeidestrategie zur Allergieprävention ist veraltet und hat nun eine 180-Grad-Wende zur Konfrontationsstrategie erfahren. Kommt das jemandem bekannt vor? Na? Wie war das noch mit dem Empfehlungen zu Bauch- und Rückenlage zur Prävention des plötzlichen Kindstods? Jahrelang ließ man Kinder nur auf dem Bauch schlafen, weil sie angeblich auf dem Rücken leichter Ersticken können, heute heißt es: Auf keinen Fall auf dem Bauch, nur auf dem Rücken schlafen lassen! Der Junge schläft zum Glück gerne auf dem Rücken, das war bei dem Kind anders. Wir sind froh, dass die Schwester das gefährliche erste Lebensjahr als Bauchschläferin gut überstanden hat…

Zurück zur Beikost. Die neue Empfehlung – oder besser: ihre Begründung – ist tatsächlich Wasser auf meine Mühlen! Mir hat noch nie eingeleuchtet, wieso man durch übertriebene Hygieneregeln und Nahrungsmittelkarenz eine Allergie verhindern können sollte. Das Immunsystem muss doch mit den Allergenen in Kontakt kommen um zu „lernen“, dass sie harmlos sind. Zumindest habe ich das im Studium so gelernt. Eine mir sehr sympathische Theorie geht ja auch davon aus, dass es Allergien überhaupt nur gibt, weil das Immunsystem Amok läuft aufgrund mangelnden Parasitenbefalls… Also Würmer bräuchte ich bei meinen Kindern jetzt nicht, aber ein bisschen Erde und Gras essen habe ich schon immer befürwortet.

Wir haben mit Pastinake angefangen. Pastinake gekocht, pürriert, ein TL Rapsöl dazu  – fertig. Der Junge war – sagen wir mal vorsichtig – neugierig, aber nicht begeistert. Wenn man einen günstigen Moment abgepasst hat, konnte man ein Löffelchen in seinem Mund landen und er hat unter grimassierenden Schmatzern das Zeug auch geschluckt. Danach gab es noch Milch. Nachdem er regelmäßig die laut Literatur empfohlenen 10 Löffel Pastinake  gegessen hatte, habe ich ein wenig Kartoffel drunter gemischt (Tipp: Kartoffelpürree oder auch Gemüsebrei in Eiswürfelbeutel einfrieren zur leichteren Portionierbarkeit). Kohlenhydrate sollen die Mahlzeit ja noch nahrhafter machen, aber es blieb dabei, dass er höchstens 50-70 g Brei gegessen hat. Begeisterung sieht anders aus. Dann gingen mir die Pastinaken aus und auf dem Markt gibts auch keine mehr. Also habe ich als nächstes Karotte probiert. Karotte hat ihm aber noch weniger geschmeckt… Ehrlich gesagt habe ich mit dem Brei nur weitergemacht, weil ich hoffte, dass bis zum KiTa-Beginn mit 5 Monaten eine Stillmahlzeit durch Brei ersetzt ist und ich dem Kind somit eine Pulvermilchportion erspare. Was letztendlich das größere Übel ist, darüber bin ich mir allerdings inzwischen gar nicht mehr so sicher…

Ich erinnere mich auch an den leidvollen Beikoststart bei dem Kind vor 5 Jahren. Auch damals schon war ich tierisch genervt von der Prozedur und fand es irgendwie widersinnig, alles nach Anleitung und so wahnsinnig systematisch zu machen. Gott sei Dank ging die Zeit recht schnell rum…

Aber jetzt mache ich es anders. Der Junge soll, wenn er schon Brei essen muss, bekommen, was ihm schmeckt. Vor drei Tagen sah er mich eine Birne essen und bekam total große Augen. Ich ließ ihn an der Birne lutschen (sie war ganz weich!!) und er schien ziemlich verzückt. Kurzerhand nahm ich eine Birne, pürrierte sie ihm roh und gab ihm das Birnenmus mit dem Löffel. Und siehe da: er putzte das Obst weg wie nix. Am nächste Tag kaufte ich Hirsebreipulver im Drogeriemarkt und bereitete die Birne mit Hirse zu. Das gab es als Nachtisch zu ein paar Löffeln Karotte-Kartoffelbrei. Wieder war klar, was besser schmeckte, das Obst! Am nächsten Tag das gleiche Spiel: wenig Karotte, viel Birne-Hirsebrei. Und heute habe ich alle Regeln der Beikostkunst komplett verlassen und ihm ganz tollkühn einen Erdbeer-Banane-Hiresbrei gemixt, ohne Gemüsevorspeise. Er fand es großartig und hat fast das ganze Schälchen verputzt. Immer bevor der nächste Löffel kam, strampelte er vor Aufregung mit den Beinen und sperrte das Mündchen auf.

Jetzt vertagen wir das Gemüse noch einmal und machen mit rohem (!) Obst und Getreide weiter. Bezüglich des Obstes habe ich mich übrigens auch schon immer gefragt, warum um Himmels Willen man die guten Vitamine für den Babybrei eigentlich verkochen soll (und seit wann in der Evolutionsgeschichte des Menschen, Babybreie eigentlich gekocht werden – zum Einspeicheln will ich allerdings auch nicht zurück!).

Übrigens: Würde ich noch einmal ein Kind bekommen, würde ich alle Empfehlungen bezüglich Beikoststart völlig in den Wind schießen und abwarten, wann das Kind ganz explizit von sich aus Interesse am Essen zeigt. 4 Monate sind echt arg früh! Sehr reizvoll finde ich ja auch die Methode „Baby led weaning„, aber das ist unpraktikabel, wenn man das Kind in einer KiTa untergebracht hat und die Erzieher fragen, was das Baby denn essen soll… Vielleicht kann ich ja bei dem Jungen einen Mix aus B(r)eikost in der KiTa und „Baby led weaning“ zu Hause anwenden, ich werde sehen und berichten.

Autor: Wortdealer

Mein Blog.

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