Fastenwandern im Schwarzwald: Und wie ging’s Dir so dabei?

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Jetzt fehlt nur noch ein letzter Artikel, in dem ich meine Erfahrungen zum Fastenwandern im Schwarzwald zum Abschluss bringen will. Ein kurzer Abriss darüber, wie es mir in den 7 Tagen so ging – psychisch und physisch.

Ankunft und Glaubern: Es gibt noch keinen Grund zu klagen, mir geht es gut, ich habe total Lust auf Saft und Suppe, weil mir der ungesalzene Reis zum Hals raushängt, die große Fastengruppe von über 20 Leuten erschreckt auf den ersten Blick, aber mit der Vorstellungsrunde wird eigentlich gleich klar, dass es sicher sehr angenehm mit diesen Menschen werden wird. Alles gut. Das Glaubersalz bereitet mir keine Schwierigkeiten, ich habe keine Bauchkrämpfe und die Wirkung tritt relativ schnell und zügig ein, so dass ich zu einer zivilen Uhrzeit ins Bett gehen kann.

1. Fastentag: Ich habe durchgeschlafen und mir geht es blendend am Morgen. Das darf so weitergehen! Der Saft schmeckt toll und wir starten zur ersten Wanderung. Ich bin hoch motiviert. Die Wanderung geht direkt vom Hotel aus los und ist ziemlich gemütlich. Wir laufen langsam, es gibt so gut wie keine steilen Anstiege (Das darf anstrengender werden!), aber immerhin sind wir gut 3,5 Stunden lang unterwegs im schönen Tonbachtal. Nachmittags habe ich gleich meine Anwendung beim Masseur: Eine Ganzkörper-Massage „Tanne Natur“ mit angewärmtem Tannenöl. Das ist ziemlich gut, allerdings hat der Masseur ziemlich rauhe Finger (Peeling inklusive). Am Abend habe ich leichte Kopfschmerzen (> ich höre definitiv am Sonntag auf zu fasten!), vielleicht hilft ja der Einlauf? (Nö!) Ich schlafe vor 22 Uhr ein.

2. Fastentag: Ich schlafe durch bis 6:15 Uhr. Ja wunderbar! Ich wache warm auf und habe noch leichte Kopfschmerzen. Mir ist leicht übel und schummerig im Bauch. Eine Wechseldusche  (von warm nach kalt) tut ganz gut. Nach dem Morgensaft geht es mir besser. Dann kommt eine sehr anstrengende Wanderung mit vielen bergauf-Strecken. Ab da sind die Beschwerden wie weggeblasen. Nach 2 (!) Tassen Mittagsbrühe lege ich mich zum Schlafen hin. Anschließend schwimme ich im Schwimmbad 20 Bahnen und gehe ins Salz-Dampf-Stüble. Ab. 17:50 Uhr bringt uns Aloisia die „Fünf Tibeter“, Yoga und Meditieren bei. Das ist toll! (Ich werde in meinem Leben nach dem Fasten Yogi + Meditateur! Vielleicht werde ich doch noch weiter fasten?). Einlauf am Abend. Ich kann nicht einschlafen, werde einfach nicht müde (weil ich am Nachmittag geschlafen habe?).

3. Fastentag: Ich habe sehr schlecht geschlafen, war immer wieder wach und ich habe mit schlechtem Gewissen davon geträumt, ein Brot zu essen. Aufgewacht bin ich mit schlimmen Kreislaufproblemen mit kalten Schweißausbrüchen und „Kloß im Bauch“. Ich frage mich, wie ich allen Ernstes auf die Idee kommen konnte, hier mitzumachen und ob es wohl viele Leute gibt, die so eine Fastenwanderwoche einfach abbrechen. Kalte Waschung und Füße hochlegen helfen nicht viel. Nach meinem ersten schwarzen Tee mit Honig fühle ich mich ein bisschen besser. Unsere heutige Wanderung geht zum Wasserfall (der Wander-Höhepunkt). Ich sterbe tausend Tode, weil ich die Kletterpartien ohne Spikes an den Schuhen so gefährlich finde, aber positives Denken bringt uns an allen Hindernissen vorbei. Bei der Wanderung geht es mir wieder super! Am Nachmittag schlafe ich nicht, sondern schwimme 50 Bahnen im Schwimmbad und besuche erneut das Salzstüble sowie die Köhlersauna. Wunderbar (außer, dass ich mich mit meinen Speckringen nicht so besonders wohl fühle in der Sauna)! Einlauf heute schon vor dem Abendessen. Nach der Suppe basteln wir gemeinschaftlich das Abschiedsgeschenk für Aloisia. Um 22:30 Uhr gehe ich ins Bett, wache aber um 2:30 Uhr schon wieder auf. Ich nutze die wache Zeit und schreibe mir einen Plan für die Fastenzeit zu Hause (> ich mache 100% zu Hause weiter!).

4. Fastentag: Juchuuuuh! Heute geht es mir richtig gut. Der Wecker weckt mich. Der „Kloß im Bauch“ verschwindet mit der ersten Tasse Tee. Die anschließende Wanderung ist landschaftlich eher nicht so schön wie die anderen, das Wetter ist sehr trüb, es nieselt Mini-Schneeflöckchen, trotz des eher leichten Niveaus der Wanderung strengt sie mich unglaublich an und das, obwohl mir ein lieber Mitfastender seine Wanderstöcke geliehen hat, die es mir mit meinen „rutschigen Schuhen“ doch erleichtern. Beim Einnehmen der Mittagssuppe werde ich depressiv. Obwohl ich am Tag zuvor noch getönt habe, dass ich bei so vielen Leuten keinen Lagerkoller kriege, tritt jetzt genau das ein. Ich bin teilweise genervt von meinen Mitfastern, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Die Depression weitet sich am Nachmittag aus. In meinem Zimmer muss ich heulen wegen nix und telefoniere erst mal mit Jörg. Dann gehe ich schön in die Badewanne (heute keine Sauna, bekomme meine Tage), appliziere mir eine Gesichtsmaske, rasiere meine Beine und wellnesse so alleine vor mich hin. Danach gibt es wieder „Fünf Tibeter“, Yoga und Meditation, was mir unglaublich gut tut. Nach der Suppe mache ich gleich zwei Einläufe und telefoniere mit zu Hause. Es geht mir wieder besser und ich werde weiterfasten! Aber ich freue mich jetzt doch auch definitiv wieder auf meine Familie.

5. Fastentag: Heute ist der letzte Tag. Am Morgen geht es mir super. Ich habe durchgeschlafen. Ich vollführe die „Fünf Tibeter“ für mich selbst zum Wachwerden und unterziehe mich einer kalten Waschung. Die anschließende (letzte!) Wanderung ist der Hammer. Über eine Stunde lang geht es nur steil bergauf durch den Tiefschnee (naja, 15 cm etwa). Anschließend geht es flach weiter und am Schluss dann bergab. Nach der Suppe gehe ich in die Badewanne und packe schon einmal eine meiner Reisetaschen. Dann Einlauf. Am Abend gibt es eine himmlisch tomatig schmeckende Tomatensuppe und einen interessanten Vortrag über Vollwerternährung. Anschließend ist Abschieds“feier“ mit Geschenküberreichung an Aloisia. Es folgt noch ganz überraschend ein sehr schönes Gespräch mit einer lieben Mitfastenden und ich gehe erste relativ spät ins Bett. (> ich werde weiterfasten!)

Abreisetag: Vor dem Saft schildern wir alle nacheinander, wie die Fastenwoche für uns war und ob sich unsere Erwartungen erfüllt haben. Jeder darf sich einen Apfel nehmen und das Fasten brechen. Das macht allerdings niemand gleich vor Ort. Ich packe meinen Apfel ein, weil ich noch mindestens eine Woche lang weiterfasten will. Der Abschied ist teilweise sehr bewegend. Ich bin traurig und froh und stolz zugleich. Als ich Wind davon bekomme, dass man sich schon gleich bei Aloisia für das nächste Jahr (gleiche Zeit, gleicher Ort) anmelden kann, mache ich das sofort. Eine Mitfastende aus Stuttgart nimmt mich und zwei weitere Mädels mit dem Auto mit nach Hause. Jörg und das Kind holen mich in Zuffenhausen am Bahnhof ab. Geschafft!

Fazit: Die Betreuung durch Aloisia während der ganzen Zeit war super, das Hotel (inklusive Fasten-Verpflegung und Personal) auch, die Wanderungen waren für mich als Wander-Unerfahrene Hammer. Es war ein ganz großartiges Erlebnis. Gerade auch bei den Wanderungen habe ich zahlreiche sehr nette und persönliche Gespräche geführt. Ich hätte jedoch insgesamt gerne noch mehr geschwiegen (bei den Wanderungen länger) und es ist geradezu ein Phänomen, mit welcher Inbrunst sich Fastende über Rezepte austauschen (ich hätte gerne weniger übers Essen geredet, 😉 ). Die große Gruppe ließ den erholsamen Freiraum, sich wahlweise zurückzuziehen oder aber die unterschiedlichsten Gespräche mit den verschiedensten Menschen zu führen. Das war sehr angenehm und ließ keinen „Gruppenzwang“ aufkommen. Der Wellness-Bereich im Hotel war toll, viele verschiedene schöne Saunen und Dampfbäder gab es, allerdings waren diese teilweise auch ziemlich voll. Das Schwimmbad war allerdings nie überlaufen. Das Fasten selbst hat nach anfänglichen morgendlichen Befindlichkeitsstörungen in den ersten drei Tagen sehr gut geklappt.  Ich bin jetzt immernoch dabei (Tag 12) und fühle mich komplett umgestellt und wohl. Seelisch habe ich nicht ganz erreicht was ich wollte (Klarheit in einigen Dingen …), aber ich habe das Gefühl, dass doch einiges angestoßen wurde und mir durch die verschiedenen Vorträge und das Yoga- und Meditationsangebot einiges mit auf den Weg gegeben wurde, mit dem ich gar nicht gerechnet hatte. Ich habe währende der ganzen Zeit nur eine Fernsehsendung angesehen (Nachtcafé, am Freitagabend), auch die Medienabstinenz hat sehr gut getan. Ich freue mich sehr auf die Aufbautage und die Ernährungsumstellung in Richtung Vollwertkost nach dem Fasten. Bis jetzt (seit 1. Januar, also ab den Entlastungstagen) habe ich 6 kg abgenommen, wobei die Darmfüllung und die Glykogenspeicher ja mit dem Essen wieder dazu kommen werden. Ich friere nicht und habe selten mal ein Hungergefühl im Bauch, das dann aber auch wieder vergeht. Ich werde bis nächsten Freitag weiterfasten,  dann habe ich 18 richtige Fastentage absolviert (plus vorher noch die Reistage – bäh!). Und: Ich freue mit TIERISCH auf den Apfel!

Autor: Wortdealer

Mein Blog.

5 Gedanken zu „Fastenwandern im Schwarzwald: Und wie ging’s Dir so dabei?“

  1. Tja, was man nicht alles tut im Leben um zur Erleuchtung zu kommen! Bin selber grade am fasten ( Tag 5 ) und werde heute Abend einen gekochten Apfel essen, den ich eigentlich nicht mag. Aber so langsam kommt der Koller, was wohl auch daran liegt, dass ich dies alleine mache und es einem halt irgendwann zuviel wird nur zu denken und mit sich alleine zu sein. Hatte mir das gewuenscht und bin in der gluecklichen Lage es auch zu tun, aber so langsam wird es zuviel. Habe mit Vergnuegen alle damit verbundenen Artikel gelesen und am Meisten hat mich die Bemerkung ueber die Jura Kaffeemaschine erheitert! Bin selber seit ein paar Wochen weg vom Kaffe und kann es nur empfehlen. Es bleibt einem selber ueberlassen ob man so hin und wieder eine Tasse trinkt, besonders wenn man so eine luxerioese Maschine hat.
    Schreibe eigentlich nie einen Kommentar, muss wohl am Fasten liegen und dem vielen Denken, oder an der Tatsache, dass ichg hier in Neuseeland sitze, sozusagen am anderen Ende der Welt, es hier Winter ist und die Kiwis zudem mit dem Fasten nicht viel anfangen koennen. Das Entlasten und abfuehren finden sie schlichtweg disgusting! Aber ich finde das Fasten sehr wohltuend, zumal gerade am Anfang der Energieschub immens ist. Was man nicht alles in die Verdaung investiert!

  2. Hallo Angelica,
    es freut mich, wenn meine Berichte Dich während der Fastenzeit erheitert haben! Ich habe vor ein paar Wochen auch noch einmal eine Fastenrunde eingelegt, aber alleine hat das nicht so gut funktioniert, wie in der Gruppe. Anfang 2011 gehe ich wieder zum Fasten mit der Gruppe in den Schwarzwald. Das wird sicher wieder super.
    Viel Spaß mit Deinem Apfel (also ich fand’s ja auch nicht so doll).
    LG
    Simone

  3. Hallo Simone,

    dein Beitrag ist sehr interessant. Ich bin selbst für Herbst oder Frühjahr schon auf der Suche nach Infos und Unterkünften. Kannst du da was empfehlen? Schwarzwald die Gegend wäre für mich auch am Besten. In welchem Hotel warst du?

    Liebe Grüße
    Ayla

  4. Hallo Ayla,

    ich habe zweimal bei Aloisia Schünke (http://www.viola-fasten.de) Fastenwandern betrieben. Sie bietet sehr viele Kurse in verschiedenen Hotels im Schwarzwald an und macht das ganz toll und liebevoll, schau‘ doch einfach mal auf ihrer Seite.
    Ich war zweimal im Hotel Tanne Tonbach (http://www.hotel-tanne.de), direkt neben dem Schlemmer-Tempel Traube Tonbach – ganz schön gemein, gell?

    Viele Grüße,
    Simone

  5. Hallo Simone,

    Fasten ist für mich regelmässig ein Thema – so auch das Fastenwandern – für mich DAS Rezept gegen zahlreiche Zivilisationskrankheiten. Was ich aber gemerkt habe, ist dass ich bei Masagen während dem Fasten viel empfindlicher auf Berührungen reagiere. Auch die Kopfschmerzen wie du schreibst kommen bei mir während dieser Zeit häufiger vor.

    LG Lena aus Aarau

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