Gestern haben wir die Literaturverfilmung „Die Stadt der Blinden“ auf DVD angeschaut (das Buch von José Saramago habe ich hier bereits besprochen!). Regie führte Fernando Meirelles und das Drehbuch ist von Don McKellar. Beide waren mir vorher kein Begriff, ich bin auf dem Gebiet aber auch nicht so bewandert.
Abgesehen davon, dass die Handlung im Film natürlich stark verkürzt dargestellt wurde (viele im Buch starke Szenen fehlten) und demnach auch zahlreiche Dialoge entfallen sind, die im Buch die Wesenszüge der Protagonisten viel besser herausarbeiten, fand ich die Umsetzung doch ganz passabel. Vor allem die im Film dargestellten Bilder (v.a. von der Nervenheilanstalt und später auch auf der Straße), entsprachen ziemlich übereinstimmend dem, was ich mir bei der Lektüre vorgestellt habe. Oft wird man ja beim Betrachten einer Literaturverfilmung bereits rein visuell enttäuscht…
Die Schauspieler (u.a. Mark Ruffalo als der Arzt, Julianne Moore als Frau des Arztes, und Gael Garcia Bernal als Bösewicht) haben in meinen Augen eine solide Leistung abgeliefert. Ich stelle es mir ziemlich schwierig vor, als Sehender einen Blinden zu spielen….
Was mich im bei der Lektüre des Buches positiv überraschte war, dass die Geschichte nach der Flucht aus der Nervenheilanstalt noch weiterging und auch weiterhin ziemlich spannend blieb, obwohl ja die Flucht aus der Sanatorium-Hölle bereits wie ein kleines Happy End erschien. Hier wurde beim Film zum Ende hin extrem gekürzt, was ich ziemlich schade fand, weil ich das Leben der Blinden unter Blinden in den Straßen der verwahrlosten Stadt mindestens genauso interessant fand, wie die vorausgehende beklemmende Situation während der „Kasernierung“.
Jörg fand den Film nicht so doll. Ich frage mich, ob das daran liegt, dass er das Buch nicht gelesen hat. Vielleicht habe ich ja auch beim Anschauen des Filmes meine starken Eindrücke aus dem Buch einfach „mitgenommen“ und mit der filmischen Darstellung verwoben, so dass ich die Defizite nicht so wahrgenommen habe…
Zugegeben, nach dem Lesen des Buches war ich richtig elektrisiert und gefesselt von der Geschichte. Das ging mir nach dem Ansehen der Verfilmung gar nicht so. Aber welche Verfilmung hat schon je ein Buch übertroffen? Mir fällt dazu kein Beispiel ein.
Meine Empfehlung: Lest das Buch und spart Euch den Film, er ist zwar ganz gut umgesetzt, kommt aber an die Intensität des Buches überhaupt nicht heran. Wenn’s Euch interessiert, dann seht auch den Film, wenn Ihr gerade keine andere DVD im Haus habt.
Wer gar keine Zeit oder Lust zum Lesen hat sollte sich den Film unbedingt anschauen, weil die Story einfach so genial ist und eben auch filmisch passabel umgesetzt.
Bei Wikipedia (und sicher auch in anderen Movie-Datenbanken) findet man noch eine ausführlichere Analyse des Films.