Wissenschaft für jeden: Tod auf dem Kopf

aufm Kopf

Warum stirbt man, wenn man zu lange auf dem Kopf steht?

Ein Artikel bei SPON, bei dem von einem Mann berichtet wird, der über Kopf in einer Höhlenspalte gefangen war und nach über 24 Stunden Rettungsversuch gestorben ist, lässt mich darüber rätseln, warum man eigentlich irgendwann stirbt, wenn man auf dem Kopf steht.

(übrigens stirbt man auch irgendwann, wenn man nicht auf dem Kopf steht… )

Wenn man im WWW Informationen zum Thema „Kopfstand“ sucht (ich dachte, mit diesem Suchwort bei der Recherche erfolgreich zu sein, ein Irrtum!), landet man überwiegend auf Yoga-Seiten, die verschiedene Techniken dieser gymnastischen Übung sowie deren Vorzüge, vor allem bezüglich eines verlängerten (!) Lebens, beschreiben. 80 Prozent der Deutschen scheinen Yoga zu praktizieren, gemessen an der Anzahl der Seiten, die es dazu gibt. Die Risikoaufklärung nimmt auf diesen Seiten nur einen geringen Stellenwert ein, allerdings wird darauf hingewiesen, dass Kopfstand eher zu den anspruchsvollen Übungen gehört, wenn nicht sogar die Königsdisziplin beim Yoga ist!

Weiterhin findet man bei Erweiterung des Suchbegriffs auf „Kopfstand gefährlich/tödlich“ die Fragen von neugierigen Yoga-Anhängern in irgendwelchen Foren, die sich besorgt danach erkundigen, ob man beim Kopfstand sterben kann, wenn man ihn zu häufig oder zu lang praktiziert. Selbsternannte Experten geben dann die Auskunft, dass  das tatsächlich so sei und einem sämtliches Blut in den Kopf sacke. Dabei seien dann die anderen Körperteile nicht mehr versorgt, was sich durch langsames Einschlafen derselben und anschließendes Absterben bemerkbar mache. Waaaas? Ich hoffe mal, dass man länger als 24 Stunden auf dem Kopf stehen muss, bis die Beine absterben. Die Antworten in diesen Foren waren wirklich sehr reduziert und wenig fundiert.

Dann habe ich meine Suchstrategie geändert und nach „über-Kopf-hängen“ und Ähnlichem gesucht. Man stößt hierbei auf die Geschichte eines  verrückten Magiers (David Blaine), der gerne durch spektakuläre Aktionen Aufsehen erregt. Einmal ließ er sich für mehrere Tage in einen Eisklotz einfrieren, ein andermal ließ er sich in einem durchsichtigen Sarg lebendig vergraben. Schließlich hielt er es für eine gute Idee, sich in New York für 60 Stunden kopfüber an den Füßen aufhängen zu lassen. Er setzte diesen Plan im September 2008 auch um. Man sollte meinen, dass hiermit wohl belegt sei, dass man nicht stirbt, wenn man so lange über Kopf hängt. Aber der wagemutige Aktionskünstler war gar nicht so kühn. Auf ärztlichen Rat verließ er einmal pro Stunde seine ungewöhnliche Lebenslage um zu trinken, zur Toilette zu gehen und sein Kreislaufsystem zu entlasten. Hier also doch ein Hinweis darauf, dass zu langes Hängen über Kopf der menschlichen Physiologie wohl nicht zuträglich ist.

Weitere Recherchen in diese Richtung brachte mich auf extrem unapettitliche WWW-Seiten, auf denen Foltermethoden und ihre Folgen beschrieben werden, schnell landete ich auch beim umgekehrten Kreuzigen (Petrus wurde angeblich auf eigenen Wunsch hin umgekehrt gekreuzigt) und bei anderen religiösen Themen… Hierbei musste ich vor allem detaillierte Beschreibungen über zeitgenössische Foltermethoden in China lesen, dazu gibt es wirklich viele Seiten im Netz. Mir ist ziemlich schlecht geworden bei der Lektüre, aber besonders wissenschaftlich waren die Ausführungen zu den Konsequenzen des Überkopfhängens dort auch nicht..

Schließlich bin ich bei meiner Recherche wieder zum ursprünglichen Fall des Höhlenverunglückten zurückgekehrt. Während die deutschen Nachrichtenagenturen nur äußert knapp über den steckengebliebenen Medizinstudenten John Jones berichteten, waren die Informationen in der amerikanischen Presse schon ausführlicher. Die  NYdailynews waren nämlich ebenso neugierig wie ich und befragten Ärzte und Wissenschaftler zur Todesursache. Ich übersetze frei:

  • Der kopfüber Steckengebliebene ist wahrscheinlich erstickt.
  • In der Überkopflage drücken die Leber und die anderne Eingeweide stark auf die Lunge, so dass die Lunge viel mehr Muskelarbeit leisten muss als in aufrechter Position
  • Das Blut sammelt sich aufgrund der Schwerkraft tatsächlich im Kopf, was zu Hirnschwellung, Hirnblutung, Nierenversagen, Koma und irgendwann zum Tod führt.

Weil mir das noch nicht genau genug war, habe ich mich noch ein bisschen weiter im angloamerikanischen WWW herumgetrieben und hier noch ein paar ausführlichere Experten-Meinungen, aus der Berichterstattung von ABC im Vorfeld der David-Blaine-Aktion in New York (s.o.) entdeckt. Wieder eine grobe Üersetzung der wichtigsten Fakten:

  • Weil in der aufrechten Position das Herz relativ nah am Gehirn ist, muss es das Blut nicht so hoch pumpen. In der Überkopf-Position allerdings sind die Füße viel weiter vom Herz entfernt als sonst der Kopf. Das Herz muss also das Blut gegen die Schwerkraft weiter nach oben pumpen als gewöhnlich, um auch die Füße mit Blut zu versorgen. Daher steigt der Blutdruck und die Folge im Gehirn können Schlaganfälle und Blindheit durch den erhöhten Augendruck sein.
  • Das Gehirn ist normalerweise auf die Schwerkraft angewiesen, wenn es darum geht, dass das Blut aus dem Kopf wieder herausströmt. Durch die vermehrte Ansammlung von Blut im Kopf steigt der Druck zusätzlich. Blutgefäße können platzen und es kann zu Blutungen in der Retina oder im Gehirn kommen, epileptische Anfällen und Tod können die Folge sein.
  • Auch das Atmen fällt in der upside-down-Position schwerer, weil das Zwerchfell ebenfalls umkehrt liegt und die Organe aus dem Bauchraum von oben darauf drücken und die Atemarbeit erschweren.
  • Wenn die Beine zu schlecht durchblutet sind, kann durch einen starken Sauerstoffmangel, Muskelgewebe absterben (also doch! wow!).

Es gibt sie also doch, die Erklärung im Netz, nur nicht auf Deutsch…

Und das Fazit?  Nicht zu viel Yoga, Freunde!

Autor: Wortdealer

Mein Blog.

6 Gedanken zu „Wissenschaft für jeden: Tod auf dem Kopf“

  1. Das hat mich gleich auf die Frage gebracht, wie sich denn die Schwerelosigkeit auf den Kreislauf auswirkt. Hier gibt es einige spannende Erklärungen.

  2. Hey Al,

    gerade habe ich mir’s durchgelesen, das ist ja hochinteressant!
    Auch irgendwie krass sich vorzustellen, dass jeder Krümel, den man verliert, dann in der Gegend rumschwebt. Also besser nicht nasebohren im All…. igittigitt! 😉

    Ach übrigens: Du solltest mal unbedingt ’nen Handstand fotografieren!!

  3. Hey Al

    Was mich noch wunder nimmt:
    Wie überleben denn die Menschen in Australien? Haben die einfach eine stärkere Lungenmuskulatur oder wie geht das?

    Liebe Grüsse
    Res

  4. Viel interessanter ist aber die Frage, warum Menschen mit dem Kopf nach unten zu Welt kommen und vor der Geburt schon. Lange Kopf über im Bauch liegen.

    Wieso ist es für Kinder im Bauch also nicht so schädlich, wie für uns?

  5. Hallo Christian, das liegt am „Schwebezustand“ im Mutterleib – das Kind ist doch von Fruchtwasser umgeben und somit nicht in dem Maße der Schwerkraft ausgesetzt wie an der frischen Luft. Ich weiß nicht, wie lange ein Neugeborenes mit dem Kopf nach unten aushalten würde – vermutlich nicht sehr lange…

    Menschen kommen mit Kopf nach unten zur Welt, weil der Kopf als größter Körperteil den Muttermund am weitesten öffnet und dann nur noch der Rest der Körpers nachflutschen muss. Mit den kleinen Teilen (Hände + Füße) nach unten ist es schwieriger und gefährlicher für Mutter und Kind. Steißlagen können auch spontan entbunden werden, der dicke Popo ersetzt das Köpfchen, wird aber heutzutage nicht mehr oft gemacht…

    Viele Grüße,
    Simone

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